Schizophrenie und andere psychotische Störungen

Autorin: Dr. med. Sophie-Kathrin Greiner

 

Eine Psychose ist eine psychische Ausnahmesituation, bei der Menschen zeitweise eine veränderte Realität wahrnehmen und erleben. Diese Erfahrung kann prinzipiell jeden Menschen treffen. Oft beginnt sie mit zunehmenden Ängsten und wachsendem Misstrauen, die sich zu paranoiden Gedanken entwickeln können. Im weiteren Verlauf können Halluzinationen auftreten – z.B. das Hören von Stimmen, das Sehen unsichtbarer Dinge oder andere Sinneseindrücke, die andere Menschen nicht teilen.

„Für Kinder ist das Thema häufig schambehaftet. Aus Sorge, dass ihre Eltern als andersartig oder ungewöhnlich wahrgenommen werden, versuchen sie oft, die familiären Probleme nach außen hin zu verbergen.“

Sophie-Kathrin Greiner

Nach dem diagnostischen Handbuch DSM-5 zeigen sich bei einer Psychose verschiedene charakteristische Merkmale:

  • Wahnvorstellungen, bei denen Menschen von Überzeugungen tief überzeugt sind, die sich von der geteilten Realität unterscheiden
  • Halluzinationen verschiedener Sinne, besonders häufig das Hören von Stimmen
  • Veränderungen im Denken und Sprechen, die anderen manchmal verwirrend oder unverständlich erscheinen können

 

Fachleute unterscheiden zwischen “Positivsymptomen” – also zusätzlichen Wahrnehmungen wie Halluzinationen – und “Negativsymptomen” wie vermindertem Antrieb oder sozialem Rückzug.

 

Eine Psychose kann eigenständig auftreten oder Teil verschiedener psychischer Erkrankungen sein. Am bekanntesten ist die Schizophrenie, die etwa ein Prozent der Menschen im Laufe ihres Lebens erleben. Psychotische Symptome können aber auch bei bipolaren Erkrankungen, schweren Depressionen oder organischen Erkrankungen auftreten. Auch der Konsum bestimmter Substanzen kann psychotische Erfahrungen auslösen.

 

Psychosen sind behandelbar. Mit der richtigen Therapie können viele Menschen wieder symptomfrei werden. Die Behandlung kombiniert meist Medikamente mit Psychotherapie. Auch die Familie wird oft unterstützend einbezogen. Dem Umfeld wird empfohlen, verständnisvoll und nicht-wertend zu reagieren und die Erfahrungen der Betroffenen ernst zu nehmen.

 

Nach aktuellem Forschungsstand spielen bei der Entstehung einer Psychose sowohl genetische Faktoren (bis zu 80 Prozent) als auch Umwelteinflüsse eine Rolle. Verschiedene Auslöser wie Stress, bestimmte Medikamente oder Substanzen können zum Auftreten beitragen. Psychosen treten bei Männern häufig zwischen 15 und 25 Jahren auf, bei Frauen oft gegen Ende ihrer Zwanziger.

 

Professionelle Hilfe ist besonders wichtig, wenn:

  • der Alltag nicht mehr bewältigt werden kann
  • die Familie stark belastet ist
  • selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten auftritt

 

Für Familien mit betroffenen Elternteilen ist die Situation oft herausfordernd. Wichtig zu wissen: Menschen mit psychotischen Erfahrungen können durchaus fürsorgliche Eltern sein. Eine Psychose bedeutet nicht automatisch, dass Kinder aus der Familie genommen werden müssen. Allerdings brauchen diese Familien oft zusätzliche Unterstützung, um den Alltag gut zu meistern. Für Kinder ist die Situation manchmal schwierig und oft schambesetzt. Sie sollten ermutigt werden, sich Unterstützung zu holen, besonders wenn ein Elternteil zeitweise durch einen Klinikaufenthalt abwesend ist oder die Alltagsversorgung nicht mehr gewährleistet werden kann.

Dr. med. Sophie-Kathrin Greiner, Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Augsburg;
Beirätin der Goldkind-Stiftung für Kinder aus dysfunktionalen Familien.

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