Eindrücke von der 1. GOLDKIND-Konferenz.
Hinter die verschlossenen Türen blicken, junge Menschen in familiären Grenzsituationen unterstützen: Das ist die Kernaufgabe der GOLDKIND – Stiftung für Kinder aus dysfunktionalen Familien. Doch es fehlt allerorten an therapeutischen Stellen. Es braucht innovative Maßnahmen, um die Lücke zu schließen. Mit der ersten GOLDKIND-Konferenz rückte die Stiftung dieses Thema nun in den Vordergrund. „Die Zukunft der Psychotherapie: Digitale Wege aus der Versorgungskrise“ beschäftigte sich mit Wegen, wie heute schon mithilfe von Apps und Digitalangeboten den Jugendlichen und Kindern zumindest in ersten Fällen geholfen werden kann.
Eröffnet wurde die eintägige Konferenz, die im Münchner ARRI-Kino stattfand, von Jan Fischer, Gründer der Stiftung. Er mahnte an, dass 23 Prozent aller Kinder heute psychologische Auffälligkeiten zeigen. Allerdings warten Betroffene heute bis zu fünf Monate auf einen Therapiepatz. Es sei wichtig, sie schnell und früh zu versorgen.
Über dysfunktionale Familien, ihre strukturellen Auswirkungen bis ins Erwachsenenleben hinein und die Re-Delegation von Schuld sprachen im Anschluss Dr. Pablo Hagemeyer, Psychiater und Beirat von GOLDKIND, und Daniel Fürg, 48forward-Podcaster für GOLDKIND. Dysfunktionale Muster sind langlebig: „Wenn man erst mal gelernt hat, einen verbrannten Toast zu mögen“, sagte Dr. Pablo Hagemeyer, „wird man ihn immer wieder essen.“
Konstantin Tengelmann hat als Kind selbst erlebt, wie kompliziert die Beziehung zu den eigenen Eltern sein kann. Im Gespräch mit GOLDKIND-Beirätin Dr. Sophie-Kathrin Greiner, Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Augsburg, schilderte er, wie er als einziges Kind von seiner Familie „aussortiert“ und ins Internat gesteckt wurde.
Wie dringend Kinder Hilfe benötigen, damit sie als Erwachsene die falsch erlebten Strukturen nicht wiederholen, war das Thema des ersten Konferenzteils. Im zweiten Teil ging es darum, ob und wie digitale Angebote und KI bereits heute in der Lage sind, Betroffene zu unterstützen.
Sozialarbeiter und Medienexperte Jonas Lutz stellte die Initiative Digital Streetwork vor. Auf den sozialen Plattformen sind die Helfenden des Kreisjugendrings unterwegs, reagieren hellhörig auf verdächtige Posts, bieten Gespräche und geschützte Kommunikationsräume an, wo sie den jungen Menschen dann passende Hilfe anbieten können – auch anonym.
Prof. Dr. Johanna Löchner von der Universität Tübingen arbeitet seit Jahren an neuen digitalen Ansätzen in der Unterstützung der psychotherapeutischen Betreuung und gab Einblicke in den aktuellen Forschungsstand: Das Surf- und Kommunikationsverhalten zum Beispiel kann heute schon Aufschluss über die seelische Stabilität des Nutzers und der Nutzerin geben.
Wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Kontext der Psychotherapie geht, müssen ethische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen in Betracht gezogen werden. Über diese Fragen diskutierte im abschließenden Panel die SZ-Journalistin Dr. Christina Berndt mit dem Familienpolitiker Johannes Becher (MdL) und Prof. Dr. Rüdiger Pryss, Professor für Medizininformatik an der Universität Würzburg.
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